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Grün sterben: Nachhaltigkeit im Bestattungswesen der Stadt Zürich

Nachhaltig sterben in Zürich und Friedhof Sihlfeld.

Grün sterben:
Nachhaltigkeit im Bestattungswesen der Stadt Zürich

von Philippe Diener

Über die Frage, ob er selbst privat auch ökologisch unterwegs sei, muss Stefan Brunner schmunzeln. Er fliege gelegentlich, esse gerne Fleisch und habe vier Kinder. Sein Haus habe er jedoch vor nicht allzu langer Zeit in ein Passivhaus umgebaut, weshalb es für ihn naheliegend gewesen sei, auch beruflich mehr auf Nachhaltigkeit zu achten. Stefan Brunner arbeitet bei Grün Stadt Zürich, dem städtischen Gartenbauamt, und verantwortet den Unterhalt und die Pflege aller städtischen Friedhöfe. Vor drei Jahren wollte er eine kleine Revolution starten: Bestattungen und Gräber müssten, wenn es nach ihm ginge, nachhaltiger werden. Er beauftragte die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) mit einer Analyse des Ist-Zustands und verlangte gleichzeitig die Ausarbeitung eines Entwurfs für das so genannte «Grab der Zukunft». Doch was heisst nachhaltig Bestatten? Welchen Stellenwert hat diese Art der Bestattung bei der Stadt Zürich? Und wer bestimmt schlussendlich darüber, ob nachhaltig bestattet wird oder nicht?

Abb. 1: Der Friedhof Sihlfeld, 1877 errichtet.

Abb. 1: Der Friedhof Sihlfeld, 1877 errichtet.

Das Gebot der Eigeninitiative
Ausgangslage meiner Forschung war eine Veranstaltung des Friedhof Forums. Das Friedhof Forum ist ein von der Stadt Zürich geleitetes Veranstaltungsbüro, das sich mit Themen rund um den Tod und die Bestattung befasst. Eingeladen war die schwedische Biologin Susanne Wiigh-Mäsak, die über eine neuartige Bestattungsmethode mit dem Namen «Promession» referierte. Bei dieser Methode wird der tote Körper schockgefroren, in ein Granulat zerlegt, entwässert und von Metallteilen befreit. Das Granulat wird in einer kompostierbaren Kiste in geringer Tiefe begraben, wo es schlussendlich zu Erde wird. Keine Kremation, keine fossilen Brennstoffe und, laut Wiigh-Mäsak, überaus nachhaltig.
Diese Veranstaltung sowie die eingangs erwähnte Forschungsarbeit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) waren meine Anknüpfungspunkte, um auf die Stadt zuzugehen. Das Ziel: Das Thema «nachhaltige Bestattung» zu beleuchten. Zu diesem Zweck führte ich unter anderem zwei Interviews, auf die ich im Folgenden immer wieder verweisen werde. Eines mit Rolf Steinmann, dem Leiter des Bestattungs- und Friedhofamts, das zweite mit Stefan Brunner von Grün Stadt Zürich. Brunner und Steinmann arbeiten eng zusammen. Das Bestattungs- und Friedhofamt ist zuständig für die Abwicklung der Todesfälle, die Organisation der Bestattung und der Beerdigung sowie für die Gräberadministration. Grün Stadt Zürich ist für die Pflege und den Unterhalt der Friedhöfe zuständig.
Wie kam es nun dazu, dass Nachhaltigkeit im Bestattungswesen der Stadt Zürich eine Rolle spielt? Vor den Gesprächen war meine Vermutung klar: Die 2000-Watt-Gesellschaft muss der Ursprung sein. Jene ambitionierte Volksinitiative, welche die Stadtzürcher Bevölkerung im November 2008 annahm und die sich einerseits zum Ziel setzt, den Energiekonsum und die Treibhausgas-Emissionen zu drosseln und andererseits, den Ausstieg aus der Atomenergie in die Realität umzusetzen. Es schien auf der Hand zu liegen: Die Nachhaltigkeitsbestrebungen im Bestattungs- und Friedhofamt der Stadt Zürich sind auf die Volksinitiative zurückzuführen und entstanden somit auf Druck von unten («Bottom Up»). Die Umstände erinnerten stark an die Beobachtungen des Kulturwissenschaftlers Wolfgang Kaschuba, der in seinem Aufsatz Vom Wissen der Städte: Urbane Räume als Labore der Zivilgesellschaft ebensolche und ähnliche Bottom-Up-Bewegungen in anderen westlichen Städten diagnostizierte und deren Funktionsweise beschrieb (vgl. Kaschuba 2015, 22).
Wie sich beim Treffen mit Brunner und Steinmann herausstellte, lag ich mit meiner Vermutung daneben. Zwar ist die 2000-Watt-Gesellschaft hin und wieder im Amt und auch bei Grün Stadt Zürich ein Thema, verbindliche interne Vorgaben zur Umsetzung besagter Ziele gibt es jedoch keine. Rolf Steinmann, der Leiter des Bestattungs- und Friedhofamt, sagt, es «schwebe immer umher» und er sei überzeugt, dass die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft wichtig seien. Doch die konkreten Vorgaben würden sie sich selbst machen.
Wer also ist dann verantwortlich für die Nachhaltigkeitsbestrebungen im Stadtzürcher Bestattungswesen? Das Gespräch mit Stefan Brunner gab Aufschlüsse: Vieles, wenn nicht alles, hängt von der Eigeninitiative einzelner Personen ab. In diesem Fall war es Brunner selbst, der kurz nach seinem Stellenantritt die besagte kleine Revolution, quasi im Alleingang, startete. Wie also steht er selbst zur 2000-Watt-Gesellschaft? Als ich ihm diese Frage stelle, wird es kurz laut im Sitzungszimmer von Grün Stadt Zürich. «Theoretisch...», sagt Brunner, «...theoretisch gäbe es die Leitlinie.» Er verweist auf die Volksinitiative und stellt klar, dass jede Dienstabteilung dazu aufgefordert wäre, zu optimieren, wo es gehe. Nur bleibe es eben häufig bei der Theorie, offensichtlich ganz zu seinem Unverständnis. Ich bitte den Leiter des Bestattungs- und Friedhofamt um Erklärungen. Ich müsse verstehen, führt Rolf Steinmann aus, dass Stefan Brunner ein «Grüner» sei und darüber hinaus äusserst innovativ. Es sei ein grosses Glück, mit Brunner zusammenarbeiten zu dürfen. Auch sich persönlich bezeichnet Steinmann als «innovativ» und sein Stellvertreter sei ebenfalls kreativ. Eine solche Konstellation sei selten und bilde die Voraussetzung, um die besagte kleine Nachhaltigkeitsrevolution zu starten. Stefan Brunner auf der anderen Seite freut es, dass seine Vorschläge und Initiativen vom Bestattungs- und Friedhofamt so positiv aufgenommen werden. In seiner Funktion als Produkteverantwortlicher bei Grün Stadt Zürich sei er auch noch für ein anderes Amt zuständig, bei dem er ebenfalls gerne Nachhaltigkeitsanalysen vorantreiben würde. Im Vergleich zum Bestattungs- und Friedhofamt beisse er hier jedoch auf Granit.
Dass die Eigeninitiative einen so hohen Stellenwert hat und die Interpretation der 2000-Watt-Gesellschaft bei der Stadt Zürich sozusagen jedem selbst überlassen ist, war nicht zu erwarten. Eine Strategie nütze nichts, wenn man nicht Mitarbeiter/innen habe, die etwas tun wollten, unterstreicht Rolf Steinmann nochmals das Gebot der Eigeninitiative. Das Ganze sei nun mal personenabhängig. Während er das sagt, ist in seinen Gesichtszügen ein gewisser Stolz erkennbar. Vielleicht deshalb, weil im Bestattungswesen der Stadt Zürich gemäss ihm Personen arbeiten, die etwas «machen» wollen: «Wir reissen etwas und sind weniger Verwalter, sondern vielmehr Machertypen», lobt Steinmann sein Team. Ohnehin sieht er sein Amt vielmehr als ein KMU denn als eine Verwaltungseinheit. Eine ganz vielseitige und spannende Aufgabe sei das. Doch was genau wird denn eigentlich «gemacht»? Was beinhaltet nachhaltiges Bestatten und wie soll die Bestattung in Zukunft aussehen?

Der Ist-Zustand und die Zukunftsvision
Entschlossen, das Thema «Nachhaltigkeit» anzupacken, machte sich Stefan Brunner 2016 zusammen mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zunächst an die Analyse der Grabbepflanzung. Die von der Stadt Zürich üblicherweise praktizierte «Wechselflorbepflanzung» musste auf den Prüfstand. Wechselflorbepflanzung meint jene Art der Bepflanzung, die saisonal gewechselt wird. Es gibt also unterschiedliche Bepflanzungen für den Frühling, den Sommer und den Herbst, manchmal sogar für den Winter. Wenig überraschend hat die Analyse ergeben, dass der Wechselflor keineswegs nachhaltig ist (vgl. Eymann et al. 2016a, 50). Nicht zuletzt, weil die Pflanzen offensichtlich aus beheizten Treibhäusern stammen, wie Brunner sagt. Er plädiert für eine Staudenbepflanzung (Ganzjahres-Bepflanzung), die zehn oder sogar zwanzig Jahre anhält und während dieser Zeit lediglich gepflegt werden muss.
Ein weiteres Problem in der Ökobilanz der Friedhöfe sind die Kapellen. Da jede Kapelle über eine Orgel verfügt, müssen diese vierundzwanzig Stunden beheizt werden, damit das Instrument nicht zu Schaden kommt. Im Fall der Kapelle Sihlfeld ist das ökologisch gesehen verheerend, da diese über eine Ölheizung verfügt und der kumulierte Energieaufwand nur zu einem Prozent erneuerbar ist (vgl. Eymann et al. 2016a, 37). Stossend ist für Brunner jedoch nicht nur der hohe Heizölverbrauch, sondern auch die geringe Nutzung der Kapellen. Auf dem Friedhof Sihlfeld, um beim Beispiel zu bleiben, sind es drei Abdankungshallen, wovon die am besten ausgelastete nur zweihundert Stunden pro Jahr gebraucht wird. Das Thema «Umnutzung» drängt sich hier gezwungenermassen auf.
Als dritter Punkt wurden die Grabsteine und Grabzeichen analysiert. Grabsteine sind vor allem dann nicht nachhaltig, wenn sie von weit her importiert werden müssen und somit lange Transportwege aufweisen. Dies geschehe aber, so Brunner, in den meisten Fällen, da beispielsweise Grabsteine aus China kostengünstig seien und zudem auch noch zuverlässig ankämen. Grabzeichen wären da die wesentlich ökologischere Variante, insbesondere dann, wenn sie aus Holz angefertigt würden.
Eine Idee, die Brunner daher derzeit beschäftigt, ist die Wiederverwendung eines Grabsteins. Momentan sei es so, dass Grabsteine, welche die Angehörigen nach Ablauf der Ruhefrist von zwanzig Jahren nicht abholen, zu Kies verarbeitet werden. Statt den Stein zu «schreddern», könnte man ihn laut Brunner auch dem Bildhauer zurückgeben, der ihn dann ein zweites oder sogar drittes Mal verwendet. Möglich wäre das deshalb, weil der Stein nach abgelaufener Ruhe- und Abholfrist in den Besitz von Grün Stadt Zürich übergeht.
Der vierte und letzte Punkt der Analyse war der Blumenschmuck bei der Beisetzung. Auch hier lautet die Empfehlung von Brunner und der ZHAW-Forschungsgruppe «saisonal und lokal first» (Eymann et al. 2016a, 50). Die Ökobilanz werde dann stark belastet, wenn die Blumen aus einem beheizten Gewächshaus stammen oder eingeflogen werden müssen (Eymann et al. 2016a, 50). Brunner spricht gar von einem «Super-GAU», wenn Hinterbliebene bei Abdankungen im Winter den Gräbern Rosenkränze beilegen würden.
In der von Brunner in Auftrag gegebenen Arbeit der ZHAW ging es jedoch nicht nur um die Analyse des Ist-Zustands, sondern auch um Zukunftsvisionen. Unter dem Namen «Green Grave» entwarf die Forschungsgruppe ein Grab der Zukunft, das sämtlichen Nachhaltigkeits-Ansprüchen gerecht wird (Eymann et al. 2016b, 8). Die Ganzjahres-Bepflanzung wird hier dem Wechselflor vorgezogen, auf eine Kapellen-Nutzung wird verzichtet (die Abdankung wird direkt am Grab abgehalten), Grabsteine sind nicht zugelassen, nur nachhaltig produzierte Grabzeichen sind erlaubt und von einem Blumenschmuck haben die Hinterbliebenen bei der Abdankung abzusehen. Zu guter Letzt hat jeder Transport in Zusammenhang mit der Bestattung in Elektroautos zu erfolgen.
Kleine Randnotiz: Interessant ist, dass gemäss der Studie weder die Kremation noch die Erdbestattung bei der Ökobilanz ins Gewicht fallen, weshalb der Entwurf zum Green Grave diesbezüglich keine dieser Varianten explizit empfiehlt oder ablehnt.
Wie sieht nun aber die Realität auf den städtischen Friedhöfen in Zürich aus? Können die Erkenntnisse der Ist-Zustand-Analyse in der Praxis umgesetzt werden und welche Chancen hat das Green Grave? Sind diese Visionen utopisch oder ist die Umsetzung reine Formsache?

Das nachhaltige Angebot, Widerstände und Kundenwünsche
Tatsächlich werden bei der Stadt Zürich Gräber, die zumindest in die Richtung des «Green Graves» gehen, bereits umgesetzt. Das Themenmietgrab «Staudengarten» auf dem Friedhof Nordheim ist ein solches Beispiel. Das Bestattungs- und Friedhofamt liess hierfür eigens ein Video produzieren, das auf Youtube veröffentlicht wurde (YouTube: Themen-Mietgrab Staudengarten):

Die Bepflanzung beim «Staudengarten» ist ganzjährig und statt eines Grabsteins wird standardmässig ein Holzpfahl mit Inschrift angebracht. Zwei Hauptpfeiler des Green Graves sind also gegeben. Verglichen mit dem Gesamtangebot der Gräber sind solche nachhaltigen Themenmietgräber jedoch deutlich in der Unterzahl. Für Stefan Brunner ist vielleicht deshalb klar, dass er jedes Jahr eine neue vergleichbare Grabstätte entwerfen möchte, wie er mir freudig verrät. Seine Motivation bleibt in erster Linie die Nachhaltigkeit und, natürlich, die Beseitigung des Wechselflors.
Für einen Aussenstehenden auf den ersten Blick eher überraschend, löst dieses Ansinnen Brunners gerade in seiner eigenen Dienstabteilung nicht nur Begeisterung aus. So gab er im Interview zu bedenken, dass für die Durchsetzung einer nachhaltigen Bestattung nicht zuletzt auch die Einstellungen der eigenen Mitarbeiter/innen eine Herausforderung bedeute. Damit meinte er einerseits Friedhofmitarbeiter/innen, welche die Hinterbliebenen beraten und andererseits die Gärtner/innen von Grün Stadt Zürich. Die seien momentan noch ausgesprochen skeptisch, weil sie sich das Grab immer noch so vorstellten wie vor dreissig Jahren. Gerade der Wechselflor sei noch zu sehr in den Köpfen drin, es handle sich um eine eigentliche «Tradition», von der man aber wegkommen müsse.

Stefan Brunners Beweggrund für sein einschlägiges Engagement ist also die punktuelle Umsetzung von Nachhaltigkeitsbelangen – und davon lässt er sich auch von einzelnen Widerständen nicht abbringen. Die Hauptmotivation seines wichtigsten Mitstreiters, Rolf Steinmann, ist hingegen eine andere. An erster Stelle steht beim Leiter des Bestattungs- und Friedhofsamts nicht die Nachhaltigkeit, sondern ein gutes Angebot: «Ich sehe unsere Aufgabe im Amt als ausgesprochener Dienstleister», führt er aus. Ihm geht es in erster Linie um die Wünsche der Hinterbliebenen, die sich im Laufe der Jahre nicht nur in Zürich verändert haben, wie Hermann Webers Aufsatz Individualismus auf dem Friedhof zu entnehmen ist. In der Postmoderne gebe es keine richtigen oder falschen Formen des Gedenkens mehr, die Hinterbliebenen möchten trauern wie sie wollen. Unkonventionelle Grabgestaltungen – man denke an das eben erwähnte Themenmietgrab Staudengarten – seien Ausdruck dieser Pluralität (Weber 2006, 181). Es gibt aber noch einen anderen Grund, weshalb Steinmann den Ideen und Initiativen von Stefan Brunner nicht im Weg steht. Die Friedhöfe in Zürich sind heute nur noch zu 40 Prozent mit Gräbern besetzt. In den 1980er-Jahren zählten die städtischen Friedhöfe noch 8’000 Gräber, heute sind es noch deren 37’000. Platz für Experimente ist also zur Genüge vorhanden. Der Hauptgrund des Gräberschwunds liegt in der zunehmenden Popularität des Gemeinschaftsgrabs, für das sich inzwischen 42 Prozent aller Hinterbliebenen entscheiden. Stefan Brunner sieht einen möglichen Grund im günstigen Preis dieser Grab-Kategorie. Ein Reihengrab kostet in Zürich schnell zwischen 5’000 und 10’000 Schweizer Franken, ein Platz im Gemeinschaftsgrab lediglich ein Zehntel davon. Solche «Discountbegräbnisse», wie sie der Theologe Ronald Uden etwas polemisch bezeichnet, beschränken sich nicht nur auf Zürich. In Deutschland seien sie ebenfalls populär und für 600 bis 900 Euro zu haben (Uden 2006, 63). Deutsche Bestattungsverbände würden unter anderem deshalb seit Jahren ein neues gesellschaftliches Bewusstsein für die Würdigung des Menschen nach dem Tod fordern, Friedhofsgärtner würden sich gar mit einem immer stärkeren Trend zur «Entsorgung» konfrontiert sehen (Uden 2006, 61).
Immerhin: Zumindest im Fall des Gemeinschaftsgrabs in Zürich heisst billig für einmal nicht unökologisch. Kein Grabstein, keine Bepflanzung, sondern lediglich 40x40 Zentimeter Rasen für das Vergraben der Urne sorgen für eine grüne Ökobilanz. Stefan Brunner bezeichnet das Gemeinschaftsgrab gar als die ökologischste Variante aller Gräber. Die Friedhöfe der Stadt Zürich fahren also durchaus bereits einen nachhaltigen Kurs – ob gewollt oder ungewollt.

Fazit: Zwischen Ideal und Kundenorientierung
Reiner Zufall ist es sicherlich nicht, dass auf den städtischen Friedhöfen in Zürich bereits sehr häufig Bestattungen abgehalten werden, die als nachhaltig gelten können. Diese Nachhaltigkeit ist aber nicht in erster Linie Ausdruck einer für alle Beteiligten verbindlichen Strategie. Vielmehr gibt es immer wieder einzelne Bestrebungen, die dank Eigeninitiativen zustande kommen, wie das Beispiel von Stefan Brunner zeigt. Zumindest mit der Ganzjahres-Bepflanzung als Ergänzung zum Wechselflor soll es, wenn es nach Brunner geht, bald bei allen Gräberarten klappen. Doch selbst dann ist das nichts mehr als ein weiteres Angebot, das die Hinterbliebenen im Katalog des Bestattungs- und Friedhofamts auswählen können. Denn an erster Stelle stehen deren Wünsche und nicht die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen, weshalb solche schwerlich zur Vorschrift gemacht werden können. Dies ist ganz im Sinne von Rolf Steinmann, dem Leiter des Amts, der sich und seine Mitarbeiter/innen in erster Linie als Dienstleister/innen versteht und alles unternehmen möchte, um die Tage der Trauer für seine Kundinnen und Kunden so angenehm wie möglich zu gestalten.

Literaturverzeichnis

Eymann, Lea, Matthias Stucki, Doris Tausendpfund et al.: Die ökologische Bestattung. Im Auftrag von Grün Stadt Zürich, ZHAW Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen. Wädenswil, 2016a.

Eymann, Lea, Matthias Stucki, Doris Tausendpfund et al.: Kombination von Ökologie und Ästhetik. Bei den herkömmlichen Reihengräbern, bei dem neuen Grabtyp Green Grave. Im Auftrag  von Grün Stadt Zürich, ZHAW Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen. Wädenswil, 20

Kaschuba, Wolfgang: Vom Wissen der Städte. Urbane Räume als Labore der Zivilgesellschaft. In: Berliner Blätter, Heft 69 (2015), 13 – 29.

Themen-Mietgrab Staudengarten, URL: https://www.youtube.com/watch?v=xU0OydYp9jg (Abgerufen: 17.11.2018).

Uden, Ronald: Totenwürde zwischen Discountbegräbnis und Erinnerungskultur. In: Oliver Roland (Hg.): Friedhof – Ade? Die Bestattungskultur des 21. Jahrhunderts. Mannheim: Azur, 2006.

Weber, Hermann: Individualismus auf dem Friedhof. In: Oliver Roland (Hg.): Friedhof – Ade? Die Bestattungskultur des 21. Jahrhunderts. Mannheim: Azur, 2006.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Friedhof Sihlfeld, © Friedhof Forum